Warum ist diese Nacht anders als alle anderen Nächte?
So fragt traditionell das jüngste Familienmitglied am Tisch bei der Feier des jüdischen Pesach-Mahls. Und als Antwort darauf wird dann die Geschichte vom Hindurchgang des Volkes Israel durch tödliche Gefahr, von seiner Befreiung aus der Sklaverei in Ägypten, erzählt.
Warum ist diese Nacht anders als alle anderen Nächte?
Das könnten wir auch von dieser Osternacht fragen, die hinter uns liegt – und die wahrlich anders war als alle anderen Osternächte zuvor. Zum ersten Mal in der Geschichte wurde Ostern ohne gemeinschaftliche Gottesdienste gefeiert. Das gab es nicht einmal in Zeiten von Pest oder Krieg.
Aber das ist nicht aus Zwang geschehen, sondern freiwillig. Und ohne uns dessen wahrscheinlich so richtig bewusst zu sein, haben wir dadurch erst so recht deutlich gemacht, was Ostern in Wahrheit bedeutet. Denn dieses „ganz Andere“ ist der eigentliche Charakter von Ostern. Es ist anders als alles andere, es durchbricht unsere gewohnte Erfahrung und unsere herkömmliche Art zu leben.
Die vielen Traditionen, so lieb sie uns geworden sind, die bunten Ostereier, das gebackene Osterlämmchen, die Speisenweihe und die festliche Osternachtsfeier – sie überdecken in einer gewissen Weise den Kern von Ostern und machen es zu etwas Gewöhnlichem.
Aber: dass das Leben den Tod besiegt, dass die Hoffnung stärker ist als das, was die Routine und Enttäuschung des grauen Alltags besagen, dass die Zukunft Möglichkeiten bereithält, die wir noch gar nicht erahnen – das ist alles andere als gewöhnlich.
Nach diesem ganz anderen Ostern haben wir es ein Stück weit selber in der Hand, die Osterbotschaft auf eine neue Weise wahr zu machen: Wie werden wir nach der weltweiten Corona-Krise unser Leben gestalten? Machen wir möglichst schnell weiter wie zuvor? Beschleunigen wir die Zerstörung der Natur, das Kippen des Klimas, die Ausbeutung der Schwachen womöglich noch mehr als zuvor?
Oder dämmert es uns vielleicht doch, dass es nicht zwangsläufig einfach so weiter gehen muss, wie wir es bisher gewohnt waren? Es könnte alles auch ganz anders sein. Wir könnten unsere Kräfte und unsere Ressourcen nicht länger in Gewalt und Zerstörung investieren, sondern in den Aufbau einer ganz neuen, friedlichen, gerechten und solidarischen Welt. In ein gesellschaftliches Zusammenleben, in dem wir Mitmenschlichkeit, Toleranz und Mut als systemrelevant betrachten. In eine Haltung, die uns die Herausforderungen der Zukunft nicht verdrängen und verleugnen, sondern ihnen mit Fantasie begegnen lässt und der Überzeugung, dass wir sie gemeinsam meistern können. Ein lesenswertes Plädoyer dafür hat kürzlich der Soziologe Harald Welzer gehalten mit seinem Buch „Alles könnte anders sein„.
Dass es auf diese neue und ganz andere Weise Ostern wird, das wünscht euch allen das Team der KHG Regensburg. Als ganz anderes Ostern kann es sogar ein besonders frohes und gesegnetes sein. In diesem Sinne: auf bald im wirklichen Leben – dem Leben, auf das Ostern uns Lust machen will.
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