„Flucht=Leid=am eigenen Leib“

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Seit vergangenen Donnerstag gibt es in der Uni-Kapelle ein neues Kunstwerk zu bestaunen. Der Weidener Künstler Tone Schmid hat uns seine Installation „Flucht=Leid=am eigenen Leib“ zur Verfügung gestellt. Auf einer sogenannten Dezimalwaage stehen sich moderne, abgetragene Schuhe und altes Schuhwerk von früher gegenüber, sie sind in Balance. Wichtig ist dabei das Konstruktionsprinzip der Dezimalwaage: die Gewichtsbestimmung erfolgt nicht im Verhältnis 1:1, sondern das zu wiegende Objekt (die unbekannten Masse) steht zu den Gewichten, die auf die Waage aufgelegt werden, im Verhältnis 10:1. Die Installation wirft damit die Frage nach der Verhältnisbestimmung von Lasten auf, von Belastungen im Sinne von Herausforderungen und Aufgaben, die Menschen und Gesellschaften immer wieder zu bewältigen haben. Sie sind nie ganz vergleichbar, nicht einfach zu messen und abzuwägen. Die Dezimalwaage setzt Ungleiches zueinander in eine Beziehung.

Der Künstler sagt dazu: „Grundsätzlich will ich mit meinen Arbeiten die Menschen zum Nachdenken anregen bzw. Anstöße zur Diskussion liefern, zu Aufmerksamkeit und Achtsamkeit bewegen. Die gezeigte Arbeit stellt eine Frage und lässt nur über eine positive und in die Zukunft blickende Denkweise die Möglichkeit einer Antwort zu. Kann man das Leid verstehen oder nachempfinden, das bei einer Vertreibung von Menschen entsteht? Fällt dies leichter, wenn Ähnliches in der Familiengeschichte passiert ist?“ Auch Deutsche wurden immer wieder gezwungen, aufgrund religiöser und politischer Verfolgung ihre Heimat zu verlassen, ihre Besitztümer zurückzulassen, ins Unbekannte aufzubrechen, Wagnisse einzugehen, Neues anzunehmen. „Wer musste mehr leiden? Hat man das Recht, abzuwägen? Die Erinnerung an die eigene Familien-Geschichte kann dazu beitragen, die Gegenwart zu verstehen und sich in der Flüchtlingsarbeit zu engagieren.“

Die Installation wird voraussichtlich bis Ende der Vorlesungszeit in der Kapelle zu sehen sein und wird in Kooperation mit CampusAsyl sowie der Initiative „Da-Sein in Kunst und Kirche“ des Bistums Regensburg gezeigt. Bei einigen der Gottesdienste und Andachten in den kommenden Wochen werden wir das Kunstwerk mit einbeziehen und gemeinsam ausloten, was es uns zu sagen hat.

Von Hermann Josef Eckl

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